Zivildienst sechs Monate – was nun?
KREIS METTMANN. Der Bundestag hat die Verkürzung von Wehr- und Zivildienst auf sechs Monate beschlossen. Wir beleuchten die Folgen für die WFB Werkstätten.
Wie viele andere soziale und pflegerische Einrichtungen sind auch die WFB Werkstätten des Kreises Mettmann GmbH von der Verkürzung betroffen. Heinrich Feilhauer, Geschäftsführer der WFB GmbH, äußert sich zu den damit verbundenen Problemen für diese Einrichtung, deren Aufgabe darin besteht, Menschen mit Behinderung in den Arbeitsprozess einzugliedern und deren Persönlichkeit zu fördern.
Wie lange werden Zivildienstleistende schon in den WFB Werkstätten eingesetzt?
Feilhauer: Seit 1975.
Welche Aufgaben wurden ihnen vor allem übertragen?
Feilhauer: Überwiegend ist es die Unterstützung des Personals in der Betreuung und Pflege (Arbeitsassistenz).
Welche Erfahrungen haben die WFB Werkstätten mit dem Dienst dieser jungen Menschen gemacht?
Feilhauer: Der Dienst ist ein Lernprozess für die jungen Menschen und hat für sie selbst persönlichkeitsbildenden Charakter. In der Gesamtbetrachtung sind die Zivildienstleistenden immer eine Bereicherung für die Werkstatt auch im Sinne der Integration von Menschen mit Behinderung.
Inwieweit haben die Zivildienstleistenden Ihrer Meinung nach für ihre eigene Entwicklung von dieser Arbeit und diesen Aufgaben profitiert?
Feilhauer: Durch Kompetenzerweiterung, das heißt Akzeptanz und besseres Verständnis von Menschen mit Behinderungen durch den direkten Kontakt und den Aufbau einer persönlichen Bindung. In einzelnen Fällen beeinflusste die Zivildienstzeit die spätere Berufswahl (geschätzte fünf bis zehn Prozent), in anderen Fällen war der Zivildienst eine gute Vorbereitung auf die zuvor getroffene Auswahl eines Berufes / einer Qualifizierung. Die Erfahrungen, die die Zivildienstleistenden in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung sammeln, sind positiv prägend für ihr Leben. Sie werden in Teams integriert, übernehmen Verantwortung, lernen den Umgang mit Kollegen (mit und ohne Behinderung).
Wie haben sich die bisherigen Verkürzungen der Zivildienstzeit ausgewirkt?
Feilhauer: Sie bringen erhebliche Einarbeitungsprobleme und Unzufriedenheiten auf allen Ebenen mit sich. Beim Betreuungs-Personal vergrößert sich der Aufwand in der Einarbeitung, es bleibt damit weniger Unterstützung. Bei den Zivildienstleistenden ist eine begrenzte Entwicklung von Bezügen mit deutlich weniger Erfahrungen zu beobachten. Auch wirkt sich häufiger Bezugswechsel bei Menschen mit Behinderung nicht positiv aus. Schon durch neun Monate Zivildienst war eine gleichmäßige Verteilung auf das Jahr nicht möglich - es gab eine Anhäufung von Einstellungen in den Monaten August/September und über die Sommermonate konnten die Zivildienst-Stellen kaum besetzt werden.
Werden Sie nach der neuerlichen Verkürzung auf sechs Monate weiterhin Zivildienstleistende einstellen?
Feilhauer: Bei nur sechs Monaten Dienstzeit verschiebt sich das Verhältnis von Aufwand zum Nutzen erheblich, da weiterhin zwei bis drei Wochen Fortbildung und Urlaub in der Dienstzeit enthalten sind. Die Zivis werden dann nicht mehr als fünf Monate in der WFB sein. Wenn die Zivildienstleistenden von einer freiwilligen Verlängerung der Dienstzeit Gebrauch machen, ist es für die WFB eine Bereicherung und Unterstützung.
Welche Probleme dürfte die neuerliche Verkürzung bei der Betreuung der Mitarbeiter mit Behinderung mit sich bringen?
Feilhauer: Unsicherheit bei den Menschen mit Behinderung wegen der häufigen Wechsel der Zivis ist programmiert. Es kommen kaum tragfähige Beziehungen zu Stande, was aber bei persönlicher Assistenz sehr wichtig ist. Und das Engagement der Zivis könnte nachlassen. Sechs Monate sind zu kurz, um allen Erfordernissen von Einarbeitung, Bildung und Auseinandersetzung mit den Aufgaben Rechnung zu tragen.
Haben Sie bereits ein Konzept, wie Sie die entstehenden Lücken auffangen können und wie eine kontinuierliche Betreuung und Unterstützung vor allem von Mitarbeitern mit schwerstmehrfacher Behinderung aussehen könnte?
Feilhauer: Nicht direkt. Aber wir werden weiter um Zivis werben und auf die Möglichkeiten der Verlängerung aufmerksam machen, zum Beispiel bis zum Beginn der Ausbildung/des Studiums. Wir würden gerne auf FSJler (Menschen, die ein freiwilliges soziales Jahr leisten) zurückgreifen, leider bewerben sich nicht so viele.
Was würden Sie als Gesetzgeber anders machen, um keinen „sozialen Kahlschlag“ in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderung entstehen zu lassen?
Feilhauer: Der allgemeinen Schulpflicht ein Praxisjahr in einem gesellschaftlich relevanten Bereich anschließen, welches auch als Vorpraktikum für die nachfolgende berufliche Ausbildung anerkannt werden kann.
Die WFB Werkstätten bieten 33 Plätze für Zivildienstleistende an, davon 16 in Langenfeld, sechs in Ratingen und elf in Velbert. Das Interview führte Jürgen Steinbrücker.
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